Ein Insterument zur Stärkung der Kohärenz in Europa
SPRACHEN IN EUROPA
Anders als die Vereinigten Staaten von Amerika, die von Anfang an als Einwanderungs- und damit als interkulturelle Gesellschaft entstanden sind, muss Europa – um sich zu vereinen und zusammenwachsen – historische Konzepte wie Nationalismus, Protektionismus und andere überwinden, die über Jahrhunderte in einzelnen Staaten gewachsen sind. Die Vielfalt der Kulturen und Sprachen in Europa sollte als Bereicherung empfunden werden, aber sie setzt dem Prozess der Völkerverständigung oft Grenzen.
Eine der Perspektiven des sogenannten „Bologna-Prozesses“ besteht darin, ein Europa zu schaffen, in dem Lernen, Studieren und Forschen nicht durch Grenzen eingeschränkt sind – ein Kontinent, in dem es selbstverständlich wird, sich in einem anderen Mitgliedstaat aufzuhalten, um überall zu studieren, sich weiterzubilden oder zu arbeiten – und zwei andere Sprachen neben der eigenen Muttersprache zu sprechen. Bereits mehrfach hat der Europäische Rat die Mitgliedstaaten aufgefordert, sich zu diesem Ziel zu verpflichten. Aber so einfach ist es leider nicht.
Das erste Argument ist, dass die verschiedenen EU-Vereinbarungen vorschreiben, dass in allen Mitgliedstaaten eine zweite Fremdsprache neben Englisch für alle unterrichtet werden muss. Italien verstößt seit der Einführung der Gelmini-Reform (!) gegen diese Regel. Und niemand hat bisher daran gedacht, eine Bildungsstruktur einzuführen, die mit der europäischen Verordnung übereinstimmt.
Ein noch wichtigeres Thema ist unserer Meinung nach die Regelung der sogenannten „Bildungsmobilität in Europa“ selbst. Das Konzept des „Bologna-Prozesses“, der Sprachzertifizierung und der Maßnahmen zur Förderung der Mobilität (Erasmus) basiert auf der Tatsache, dass ein Student – nicht notwendigerweise ein Universitätsstudent, sondern auch während der Berufsausbildung – Vorteile genießen kann, indem er ins Ausland geht. Großbritannien ist mit dem Brexit aus diesem Konzept heraus und man muss sich fragen, wohin unsere jungen Leute gehen können, wenn sie keine Sprache der EU beherrschen! Dies gilt für Französisch, Spanisch und Deutsch. Und das in einem Land wie Italien, das rund 40% seines BSP mit Export und Tourismus erwirtschaftet! Die Kenntnis mehrerer Sprachen kann also nur von Vorteil sein.
Im Übrigen sind Städtepartnerschaften ziemlich nutzlos, wenn niemand die Sprache und Kultur der beteiligten Gemeinden lernt.
Auf den folgenden Seiten wollen wir den "Bologna-Prozess" und insbesondere das Thema CEFR (Gemeinsamer Europäischer Referenzrahmen für Sprachen) und die damit verbundene Sprachzertifizierung näher erläutern.